„Assoziatives Feedback“ ist das einzige Format, das ich mir selber für das Tryout ausgedacht habe. Die Überlegung zu diesem „neuen“ Format ergab sich aus verschiedenen Begebenheiten: Zum Einen hatte meine Einstiegsaktion mit den Post-its (siehe „4.2.1. Versuch erster Anwendungsversionen von Elementen der DasArts-Methode“) bei mir ein nachhaltiges Interesse für eine Anwendung dieser Art geweckt. Zudem beschäftigte mich schon seit Beginn meiner Untersuchung die Tatsache, dass visuelle Kunst, welche nicht mittels eines dramaturgischen Bogens aufgebaut ist, andere Bedürfnisse für „Notationen“(gedankliche Verschriftlichung, Einfangen von wahrgenommenen Assoziationen) besitzt. Vielleicht war es auch ein Bedürfnis nach einem beschreibenden Feedback, einer Rückmeldung, die einfach mal einen grundsätzlichen Spiegel hinhält und Antwort gibt darauf, was und wie das Gegenüber die Arbeit wahrnimmt, ganz ohne kategorischen Fokus. Also ein assoziativeres Vorgehen, wie es beim Format „Concept Reflection“ der Fall ist (siehe Video „Concept Reflection“ unter „2.1. Feedback-Methode von DasArts“). Interessanterweise hat auch Manolis Tsipos1 für eine performative Installation anstelle des normalen DAM-Ablaufs, nur das eine spezifische Format aus der Struktur angewandt. Diese Entscheidung begründete er damit, dass für visuell funktionierende Kunst ein mit Assoziationen arbeitendes Format passender sei. Das „Concept Reflection“ eigne sich sehr gut dafür, weil man damit im Speziellen testen könne: „Was will ich sagen, und was wird verstanden?“. 
            Des Weiteren beobachte ich bei mir selbst, dass bei der Rezeption von performativer Kunst die Assoziationen infolge einer klaren Dramaturgie linearer ablaufen als bei einem visuellen, konzeptuellen oder statischen Werk. Wenn ich es bildlich ausdrücken darf, „hüpfen“ oft bei der Betrachtung von letzteren genannten Werken Assoziationen von einem Gedanken zum nächsten. Diese Feststellung leitete mich an, ein Format zu finden, das einem Einfangen von „herumfliegenden“ Assoziationen dienlich ist.

Bei meiner Frage an die Teilnehmerinnen beim Einführungstag, wer Interesse hätte ein Projekt feedbacken zu lassen, entstand ein wegweisender Dialog : «Ich hätte da ein Projekt, das besteht momentan aus visuellem Material. Da wäre so affirmatives Feedback gut oder „Open Questions“.» Eine andere Teilnehmerin antwortete darauf, dass man ja trotzdem mit diesen Post-its arbeiten könne, weil sie denke, dass sich eine aus Zeichnungen bestehende Arbeit gut eigne, um Assoziationen zu notieren.
Das neu kreierte Format entstand in einem gemeinsamen Prozess und war also folglich eine Zusammensetzung der Formate „Affirmative Feedback“, „Open Questions“ und „Concept Reflection“. Wir nannten es „assoziatives Feedback“. Da wir einstimmig der Meinung waren, es müsse unmittelbar nach dem konzentrierten Anschauen des Materials stattfinden, platzierten wir es bei der Ausführung der DAM zwischen die Formate „Showing“ und „One-on-One“. (Übersicht der Formate siehe „2.1.2. Die Feedback Formate von DasArts“)

Danach brachte ich die Idee ein für eine weitere Adaption an die Situation, wie im Video oberhand zu sehen ist. Ich bemerkte bei mir selber ein starkes Bemühen, erstens alle assoziativen Bewegungen und Gedankenfolgen einzufangen, auf meinem Block zu notieren, und zweitens dann noch einmal einen Anlauf zu nehmen, aus den gemachten Notizen auszuwählen und auf die Post-its zu übertragen. Mein konkreter Vorschlag zu dieser Überlegung war, beim Showing die Post-its dabei zu haben und direkt auf diese zu schreiben, ohne selektierenden Zwischenschritt. – Man darf hier aber nicht ausser Acht lassen, dass diese Handlung vielleicht gegen „das Aushalten des Werkes“ arbeiten würde und eventuell den zu verhindernden Akt des Sprechens ersetzen würde (wie in „4.3.3. Das Showing und die Angst vor der Leere“ beschrieben).
            Die Reaktionen auf meinen Vorschlag waren durchweg pos itiv, aber zu einem Versuch ist es an diesem Tag aus strukturellen Gründen leider nicht mehr gekommen. (Siehe auch „5.3. Variable Ablaufskizze als Schlussfolgerung für ein Tryout II“)

 

1 Moderator bei der Feedbackwoche an der Hochschule der Künste Bern (siehe Videos unter „2.1. Feedback-Methode von DasArts“