Bei Liz Lermans Critical Response Process gibt es den „Step Four“, den ich mir, anhand der Beschreibungen im Handbuch1, nicht richtig vorstellen konnte. Die Vorgabe der schematischen Formel „Ich habe eine Meinung zu ..., möchtest du sie hören?“ anzuwenden, löste in mir Ablehnung aus. Ich hatte nie eine Erfahrung mit Methoden dieser Art gemacht, fühlte mich ganz einfach an meine Grundschulzeit erinnert und bekam Hühnerhaut. Und genau das schreibt Liz Lerman auch in ihrem Buch, dass diese ablehnende Reaktion ganz normal sei und bei fast allen Menschen vorkomme, welche die Methode noch nicht kennen. Die Erfahrung, auf der anderen Seite des Dialogs zu sitzen und auf diese Frage antworten zu können, ist wahrscheinlich eine Voraussetzung um dem „Step Four“ voll und ganz zu vertrauen.
Bei unserem Tryout hatte ich selbst vermutlich die grössten Skrupel, den Satz über die Lippen zu bringen. Dies auch, weil ich nicht die erste war und die Satzhülle qua si eine Repetition in der Runde darstellte. Auf meine Rückfrage bestätigte mir die Präsentierende beim Tryout dieses Steps, dass die Situation etwas unnatürlich und irritierend zu sein schien. «Ich fand es aber gut, jedes Mal die Erlaubnis zu erteilen, wenn sie ihre Meinung sagen wollten. Ich fühlte mich nicht unwohl dabei und glaube, tiefenpsychologisch macht es schon Sinn, dass man sagt: „Ja, doch, ich nehme es an.“»
Durch die Erfahrungen des Tryouts bin ich mir sicher, dass ohne diese Präsentierendenperspektive ein fundamentales Verstehen dieses Vorgangs nicht möglich ist. – Dies ist für mich noch ausstehend , weil ich bislang eine Erfahrung in der Rolle der präsentierenden Künstlerin noch nicht erproben konnte.
Etwas Interessantes, das ich bei mir selber und den Teilnehmerinnen beobachten konnte war, dass wir durch die kompliziert erscheinende Einführungsformel eine Sensibilität in der Begriffswahl entwickelten. Wenn man seine Meinung ungeschickt einführte, konnte man abgelehnt werden. Darum entsteht ein stetes Bemühen um die richtigen Worte.
Diese Konsequenz einer schematischen Formel finde ich höchst interessant. Sie stellt eine Art Hilf smittel dar um genauer und vorsichtiger zu werden, und sich die Zeit zu nehmen, die passenden Worte zu finden, mit denen der/die Präsentierende etwas anfangen kann und nicht nur einfach eine Meinung ins Freie losgelassen wird.